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Die Bedeutung von linearen Strukturen und Landschaftskorridoren fuer Flora und Vegetation der Agrarlandschaft
Titel: |
Die Bedeutung von linearen Strukturen und Landschaftskorridoren fuer Flora und Vegetation der Agrarlandschaft : mit 95 Tabellen im Text sowie als Anhang / Friedrich Wilhelm Oppermann |
Verfasser: |
Friedrich Wilhelm Oppermann |
Erschienen: |
Berlin [u.a.] : J. Cramer i. d. Gebr. Borntraeger Verlagsbuchh., 1998 |
Umfang: |
X, 214 S. : graph, Darst. ; 23 cm |
Schriftenreihe: |
Dissertationes Botanicae ; 298 |
Hochschulschrift: |
Zugl.: Braunschweig, Techn. Univ., Diss., 1998 |
ISBN: |
3-443-64210-1 |
Zusammenfassung:
Vor allem im niedersächsischen Teil des nördlichen Harzvorlandes
wurde die Flora und Vegetation linearer Strukturen untersucht. Dabei stand
besonders die Erhebung quantitativer Daten im Vordergrund. Als Untersuchungsobjekte
wurden vor allem Waldränder, Waldwege, Feldwege und Gräben sowie
Bahndämme und das Planum ehemaliger Bahntrassen herangezogen. Zu Vergleichszwecken
erfolgte außerdem die Erforschung naturnäherer Flußufer,
die, zusammen mit den anthropogenen linearen Strukturen, allgemein als
(Landschafts-) Korridore bezeichnet werden.
In der intensiv genutzten Ackerbaulandschaft konnten innerhalb von
1 km² großen Probeflächen im Durchschnitt knapp 200 Gefäßpflanzensippen
erfaßt werden. Deren Vorkommen waren zu mehr als 87 Prozent innerhalb
linearer Strukturen lokalisiert, über 50 Prozent hatten ihre Wuchsorte
sogar ausschließlich dort. Demgegenüber konnte in den flächig
ausgebildeten Landschaftselementen lediglich 30 bis 46 Prozent des Gesamtartenbestandes
nachgewiesen werden.
Die ebenso untersuchten Wälder zeigten dagegen zwischen flächigen
und linearen Strukturen ein annähernd ausgeglichenes Verhältnis
der Sippenvorkommen. Immerhin konnte auch hier über 80 Prozent des
Gesamtsippeninventars allein an Waldrändern und/oder Waldwegen erfaßt
werden.
Bei der abschnittsweisen Kartierung von 1000 Meter langen Probeflächen
verschiedener linearer Strukturen wurden bereits innerhalb der ersten 50
Meter zwischen 30 und 50 Prozent des jeweiligen Gesamtsippenbestandes erfaßt.
Besonders Waldränder, Waldwege und das Planum ehemaliger Bahntrassen
können einen hohen Artenreichtum aufweisen. Selbst bei Aufnahmelängen
von über 1500 Metern wurden jedoch an Waldrändern nur selten
mehr als 200 Sippen kartiert.
Auch die durchschnittlichen Sippenzahlen der 50 Meter langen Probeflächen
erreichten mit teilweise über 80 Sippen bei den Aufnahmen der Waldränder
und Waldwege eine hohe Anzahl, die nur von den Flußuferaufnahmen
übertroffen wurden. Bei den Aufnahmen von Gräben, Bahndämmen
oder deren Planum waren sie dagegen deutlich kleiner.
Einzig Urtica dioica war in allen 50 m-Aufnahmen der untersuchten Landschaftskorridore
hochstet vertreten. Weitere 12 Sippen können ebenfalls noch als relativ
weit verbreitet bezeichnet werden, wobei diese jedoch bereits deutliche
Vorkommensschwerpunkte erkennen lassen. Sie setzen sich fast ausschließlich
aus Arten der Artemisietea und Molinio-Arrhenatheretea zusammen, die offensichtlich
die Grundmatrix linearer Strukturen bilden.
Speziell in den wiesenartigen Beständen von Feldweg- und Straßenrändern,
Bahndämmen, Bahntrassen sowie Flußufern wurden regelmäßig
neben Arten der Arrhenatheretalia auch solche wärmeliebender Ruderalgesellschaften
angetroffen.
Die Vorkommen von Querco-Fagetea- und Prunetalia-Arten waren dagegen
weitgehend auf lineare Strukturen des Waldes beschränkt. Zusammen
mit Grünland-Arten und solchen nitrophytischer Säume wurden einzelne
darüber hinaus auch an Flußufern regelmäßig gefunden.
Sippen der einjährigen und ausdauernden Trittfluren sowie niedrigwüchsige
Wiesenarten konnten mit höherer Stetigkeit allgemein an Weg- oder
Straßenrändern nachgewiesen werden.
Neben den Waldwegen zeichnet sich auch die Flußuferflora durch
eine größere Anzahl spezifischer Sippen aus, die sich vor allem
aus Convolvulion- und einer geringeren Anzahl von Röhricht-Arten zusammensetzen.
Auch anthropogene Waldränder können sich zwar durch einen
hohen Artenreichtum auszeichnen, dennoch konnten Geranion-Arten, selbst
an alten und südexponierten Waldrändern über Muschelkalk,
nur in geringer Anzahl nachgewiesen werden. Besonders die Vorkommen der
selteneren Saumarten sind im Untersuchungsgebiet überwiegend auf Halbtrockenrasen
beschränkt.
An Feldwegen konnten durchschnittlich auf 1000 Meter Länge etwa
100 Sippen nachgewiesen werden. Die Zusammensetzung des floristischen Arteninventars
wird u. a. vom Alter der Wege, der Randstreifenbreite, dem Relief und der
Art der Wegbefestigung beeinflußt. Selbst an alten Wegen konnten
nur wenige Sippen der Kalkmagerrasen nachgewiesen werden. Hierbei handelt
es sich möglicherweise um Reliktvorkommen ehemaliger Triften. Als
deren häufigste Art ist Brachypodium pinnatum zu nennen. In größerer
Anzahl wurden Arten der Kalkmagerrasen nur im Kontakt zu (ehemaligen) flächenhaften
Vorkommen nachgewiesen.
Die Zusammensetzung der Flora auf dem Planum ehemaliger Bahntrassen
ist vor allem von der Art des Gleisrückbaus abhängig. Darüber
hinaus kommt dem Alter des Brachestadiums entscheidende Bedeutung zu. Das
im UG angetroffene floristische Spektrum reicht deshalb von relativ jungen,
monodominanten Glatthafer-Beständen auf Gleisschotter, bis zu Magerrasenbeständen
auf älteren Streckenbrachen.
Zumindest die Flora (hoher) südexponierter Bahndämme zeigt
im weiteren Umfeld des UG eine deutliche Abhängigkeit zum Naturraum
und den jeweiligen Niederschlags-summen. Während im Ostbraunschweigischen
Hügelland die Glatthafer-Wiesen der Bahndämme noch mit verschiedenen
Sippen der Agropyretalia, Festuco-Brometea und Trifolio-Geranietea angereichert
sein können, gehen diese wiesenartigen Bestände mit zunehmender
Annäherung an das mitteldeutsche Trockengebiet zunehmend in lückige
Ruderalfluren über.
Im Gegensatz zu den stark anthropogenen linearen Strukturen wird die
Flußuferflora in erheblichem Maße durch das Vorhandensein oder
Fehlen ihrer Eigendynamik geprägt. Der geringere Einfluß anderer
Faktoren hat außerdem eine größere Homogenität der
Uferflora in ihrer Längsausdehnung zur Folge. Therophytenreiche Uferfluren
sind auf nicht kanalisierte oder nicht aufgestaute Flüsse bzw. Flußabschnitte
beschränkt. Im UG kommen sie noch abschnittsweise im Bereich der Harzrandmulde
vor, ausgeprägter und artenreicher sind sie aber an der Oberweser
ausgebildet.
Innerhalb der Ackerlandschaft wird die zumeist nur schmalflächig
ausgebildete Uferflora kleinerer Flüsse und Bäche u. a. durch
die angrenzenden Nutzflächen bzw. die durchgeführten Pflegemaßnahmen
bestimmt. Durch die regelmäßige Mahd im Frühsommer treten
dort zumeist nur artenarme Grasfluren auf. Sind die Uferbegleitstreifen
wie an der Oker breitflächiger angelegt bzw. keinen Pflegemaßnahmen
unterworfen, können sich auch artenreichere (Hoch-) Staudenfluren
ausbilden.
Hinsichtlich der Pflegemaßnahmen gilt gleiches für die Uferflora
von Gräben. Deren floristisches Arteninventar wird außerdem
jedoch durch die Wasserführung und Strömung nachhaltig beeinflußt.
Auch den angrenzenden Nutzflächen kann im Einzelfall stärkere
Bedeutung zukommen. Besonders in oder an Gräben können sich unter
günstigen Voraussetzungen aus der Samenbank des Bodens verschiedene
Arten einer ehemaligen Nasswiesen-, Röhricht- oder Großseggen-Vegetation
regenerieren.
Summary:
The flora and vegetation of corridors such as forest edges, edges of
woodland lanes or field paths, roadsides, railroad tracks, ditchs and riverbanks
were object of investigation in southeastern Lower Saxony (Germany).
Distinction is made between human-made corridors called "linear structures"
and corridors of natural origin such as riverbanks.
An average of almost 200 vascular plant species were recorded in 1
km²-sample areas of the intensively used agricultural landscape. More
than 87 percent of these species were located in linear structures, even
more than 50 percent were found in these corridors only. In contrast to
that only 30 to 46 percent of the total number of species had their growing
places in bordering fields and fallows.
Within the first 50 meters of different linear structures 1000 meters
in length 30 to 50 percent of the total number of species were found.
Corridors are often characterized by richness of species, especially
forest edges, woodland lanes and the roadbeds of closed down railways can
exhibit a great number of species. In some cases sample areas 50 meters
in length contained more than 80 species. This great number of species
were reached by sample areas of forest edges, woodland lanes and riverbanks.
Only Urtica dioica was present in sample areas of different corridors
with high frequency. Furthermore Anthriscus sylvestris, Arrhenatherum elatius,
Artemisia vulgaris, Cirsium arvense, Dactylis glomerata, Elymus repens,
Euphorbia cyparissias, Festuca rubra, Galium aparine, Heracleum sphondylium,
Hypericum perforatum and Poa pratensis agg. show a relative wide distribution
too and are only rarer in several corridors. Most of these common species
are members of plant communities of Artemisietea and Molinio-Arrhenatheretea.
Particulary field paths, roadsides, railway embankments and the upper
part of riverbanks which all are similar to grassland contain species of
Arrhenatheretalia and thermophil ruderal communities. Species of Querco-Fagetea
and Prunetalia were primary found at linear structures of woodland, furthermore
several were found at riverbanks.
Species of Plantaginetalia majoris and Polygono arenastri-Poetea annuae
were generally found at the edges of paths and roads. Species of Convolvulion
and Phragmitetea were specific to riverbanks.
Although human-made forest edges can contain a great number of species,
species of Geranion sanguinei were only found in a small number, particulary
occurrences of the rarer species of this alliance are limited to habitats
of calcareous grassland.
An average of 100 species were detected at field paths 1000 meters
in length. The floral inventory of field paths is depend on the age, the
type of pavement, the width and the relief. At old field paths only a few
number of calcareous grassland species were found, these could be relics
of former cattle tracks. Brachypodium pinnatum is most frequent species
of these relics. More species of calcareous grasslands could be detected
at field paths with direct contact to such habitats.
The floral inventory of roadbeds of closed down railroads is depend
on the way and age of dismantle. Monodominant Arrhenatherum elatius communities
on young track ballast change to poor grassland communities on old railroad
fallows.
The flora of high and south exposed railroad embankments shows a dependence
on amount of precipitation. Grassland communities with elements of Agropyretalia,
Festaco-Brometea and Trifolio-Geranietea are found in the southeast of
Brunswik, with approaching to the arid region of "Mitteldeutsches Trockengebiet"
the embankment vegetation changes to ruderal communities.
In contrast to the anthropogenic linear structures, the riparian flora
of streams is especially characterized by the presence or absence of their
own (flood) dynamic. Less influence of other factors cause a higher homogeneity
of the riparian flora in longitudinal direction. Annual plant communities
are limited to non-channelized or non-dammed river parts. These communities
are developed in sectors of rivers in the area of "Harzrandmulde" and with
more species richness at the upper part of the river Weser.
In the agricultural landscape the riparian flora of small rivers and
brooks is limited to narrow areas only. The floral inventory of such corridors
is depend on the way of attention as soon as adjacent agricultural areas.
Grassland poor in species is formed by mowing at regular intervals. In
contrast to that herbaceous margins rich in species are formed at wide
riverbanks with no attention.
With regard to the applied attention and bordering fields the same
things are applicable to the riparian flora of ditchs. Also their floral
stock is influenced by water level and stream. Under good presumptions
species from former vegetation like Molinietalia, Phragmitetalia or Magnocaricetalia
can regenerate from the seed bank.
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