Zusammenfassung: Die Uferflora der Aller von der Quelle bis in
das Stadtgebiet von Wolfsburg (Ortsteil Kästorf) wurde erfaßt,
indem pro Flußkilometer eine 50 m lange Probefläche floristisch
untersucht wurde. Auf den insgesamt 67 Probeflächen wurden 387 Gefäßpflanzenarten
gefunden, von denen die Mehrzahl nur selten am Ufer vorkommt. Nur 8,8 %
der Arten fanden sich auf über 61 % der Probeflächen. Durch stichprobenartige
Untersuchungen außerhalb der Probestellen wurden weitere Arten registriert,
wodurch sich eine Gesamtartenzahl von 459 Arten ergibt.
Nach Auswertung des erhobenen Datenmaterials ließ sich die untersuchte
Flußstrecke der Aller in drei floristisch unterschiedliche Flußabschnitte
gliedern. Die floristischen Eigenheiten dieser Abschnitte ergeben sich
vor allem durch Unterschiede in der Fließgeschwindigkeit und Beschattung
der Ufer durch Gehölze, sowie durch die unterschiedliche Nutzung der
Aue und des Umlandes des Flusses. Die größte Ähnlichkeit
weisen die ersten beiden Abschnitte auf, während zwischen dem ersten
und dem letzten Abschnitt die größte Unähnlichkeit besteht.
Im Großen und Ganzen jedoch ist die Ähnlichkeit zwischen den
einzelnen Abschnitten, deren Übergänge fließend ausgebildet
sind, relativ hoch. Aufgrund der nur noch in sehr geringem Maße wirksamen
Flußdynamik setzt sich die Uferflora im Untersuchungsgebiet überwiegend
aus mehrjährigen, konkurrenzkräftigen Arten zusammen. Einjährige
Arten sind auf die Fläche bezogen kaum von Bedeutung.
Die letzten Aufnahmen des Abschnitts C, die im Gebiet der Oberen Allerniederung
liegen, zeigen aufgrund des höheren Sandanteils der Böschungen
eine Verschiebung im Artenspektrum. Hier kommen vermehrt Arten nährstoffarmer,
trockener Standorte vor. Besonders herausgestellt wurden die Aufnahmen
innerhalb der Waldbereiche, die sich aufgrund des Auftretens zahlreicher
schattentoleranter Arten von den übrigen Aufnahmen unterscheiden.
Gesondert betrachtet wurde die Verbreitung von Neophyten im Untersuchungsgebiet.
Zuzüglich der 18 außerhalb der Probeflächen gefundenen
Arten kommen 64 Neophyten an den Ufern vor. Die meisten dieser Arten treten
jedoch nur an sehr wenigen Probestellen auf, so daß die Uferflora
insgesamt als neophytenarm bezeichnet werden kann. Als Ursache hierfür
wird der starke Uferausbau und die verminderte Flußdynamik angesehen.
Eine weite Verbreitung zeigt nur Bidens frondosa, etwas häufiger sind
noch Epilobium ciliatum, Conyza canadensis, Armoracia rusticana und Matricaria
discoidea vertreten. Als relativ neophytenreich haben sich die Aufnahmeflächen
im Bereich der Ortschaften erwiesen, ein Großteil der "Neubürger"
wurde nur hier gefunden. Da die Aller im letzten Abschnitt unterhalb von
Oebisfelde in das pleistozäne Allerurstromtal eintritt, wurde auch
das Vorkommen von Stromtalpflanzen angesprochen. Dieses ist als äußerst
gering zu bezeichnen. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Aller
im Un-tersuchungsgebiet im Bereich des Allerurstromtales nicht mehr ihrem
ursprünglichen Lauf folgt, sondern in einem völlig künstlich
angelegten Flußbett verläuft. Reliktvorkommen einiger Stromtalpflanzen
im Drömling in der Nähe des Allerlaufes deuten daraufhin, daß
Stromtalpflanzen hier wohl früher an der Aller eine weitere Verbreitung
gehabt haben.
Einige der im Untersuchungsgebiet vorkommenden Pflanzengesellschaften
wurden durch pflanzensoziologische Aufnahmen belegt. Einen großen
Anteil am Aufbau der Uferflora haben die Gesellschaften der Klasse Artemisietea.
Zu den besonders häufigen Erscheinungen gehört die Urtica dioica-Calystegia
sepium-Gesellschaft und die Phalaris arundinacea-[Convol-vuletalia]-Gesellschaft.
Nicht selten sind auch das Cuscuto-Convolvuletum sepium und das Urtico-Aegopodietum
anzutreffen. Häufiger kommt auch das Petasito hybridi-Aegopodietum
podagrariae vor, welches aber hauptsächlich auf den ersten Flußabschnitt
beschränkt ist. Eine gewisse, flächenmäßige Bedeutung
im Untersuchungsgebiet haben auch die folgenden Gesellschaften der Klasse
Phragmitetea: Während das Nasturtietum offi-cinalis zu den charakteristischen
Erscheinungen der ersten beiden Flußabschnitte gehört, tritt
das Glycerietum maximae überwiegend im letzten Flußabschnitt
auf.
Außerdem wurden Aspekte des Naturschutzes dargelegt. Flußufer,
wie auch die Allerufer im Untersuchungsgebiet, bieten aufgrund ihrer noch
relativ hohen Standortvielfalt zahlreichen Pflanzen- und Tierarten in der
intensiv genutzten Kulturlandschaft einen Lebensraum. In diesem Zusammenhang
wurde auf den besonderen Wert der an der Aller noch vorhandenen Auwaldreste
hingewiesen. Abschließend wurden die gefundenen Arten der Roten Listen
Niedersachsens und Sachsen-Anhalts aufgeführt.
Die eingerichteten 67 Untersuchungsflächen stellen die Grundlage
für ein Langzeit-Monitoring dar. Die Dynamik der Uferflora kann nunmehr
quantitativ verfolgt werden.